Schweizer Dorf des Jahres 2022
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«2. Liberement en heemelige Stammtisch»

Nach der erfolgreichen Durchführung des ersten „heemeligen Stammtisch“ durch die Standortförderungsgruppe NatUrnäsch von Ende Mai, fand Ende Juni der zweite Stammtisch, diesmal im Wohn- und Pflegezentrum in Urnäsch statt.

Das Moderationsteam Anna Oertle und Philipp Langenegger führte durch den Abend. Für musikalische Unterhaltung sorgten „Alder – die Sechsten“, die jüngste Generation der bekannten Musikerfamilie aus Urnäsch. Mit den Gästen Käthi Nef und Liaghat Ali Jafari lernten die erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer die Heimleiterin und einen Küchenangestellten des Wohn- und Pflegezentrums näher kennen. Der ebenfalls eingeladene Bewohner des Wohn- und Pflegezentrums Fritz Geprägs musste seine Teilnahme leider kurzfristig absagen. Philipp Langenegger hatte jedoch die Gelegenheit, ihn am Nachmittag zu interviewen.

 

„Neus und Gschmäus“

Unter dieser Rubrik wurde den Zuhörern allerlei Neues aus dem Dorf berichtet. So waren das Jodlerchörli in Zug und die Turner im Zürcherischen Weinland erfolgreich; Andrin Poltera holte sich einen Kranz beim Schwingfest in Mollis. Die neu angeschaffte Kirchturmbeleuchtung soll demnächst montiert werden und den Kirchturm in wärmerem Licht erstrahlen lassen. Niklaus Hörler wurde mit „de goldige Bechue“, dem Kulturpreis der Frieda und Ulrich Steingruber-Stiftung ausgezeichnet. Das Urnäscher Kinderfest fand bei herrlichem Wetter unter dem Motto „Traumwelten“ statt und die siebte Etappe der Tour de Suisse fuhr unter den Augen vieler Schaulustiger durch Urnäsch.

Anna Oertle wurde als neues Mitglied von NatUrnäsch vorgestellt. Sie ist Kindergartenlehrerin und in ihrer Freizeit Hauptleiterin des Damenturnvereins Urnäsch mit fünfundvierzig aktiven Mitgliedern. Sie ist ausserdem verantwortlich für die Gestaltung eines Schaufensters im Haus Appenzell in Zürich, welches der Gemeinde Urnäsch für einen gewissen Zeitraum von der Ernst Hohl-Kulturstiftung zur Verfügung gestellt wird.

Hans Konrad Frischknecht vom Reka Feriendorf berichtet, dass es aktuell sieben junge Geisslein im Reka Feriendorf habe, zwei davon müsse er „schöppele“. Über die kommenden Sommerferien sei das Reka Feriendorf komplett ausgebucht. Die Treue der Gäste zum Reka Feriendorf in Urnäsch sei besonders, so seien die jüngsten Familien schon als Kinder in Urnäsch gewesen, andere hätten Aktien bei der Urnäscher Käserei.

 

Käthi Nef

Als ersten Gast begrüsste Philipp Langenegger die Leiterin des Wohn- und Pflegezentrums Käthi Nef. Sie ist in Urnäsch aufgewachsen, hat eine Familie mit drei erwachsenen Kindern und fährt in ihrer Freizeit gerne ein schweres Motorrad. Sie leitet seit 2013 als Co-Leiterin, seit 2018 alleine das Wohn- und Pflegezentrum in dem aktuell einunddreissig Leute wohnen und fünfzig Angestellte arbeiten. Auch nach der Annahme der Pflegeinitiative bleibt die Situation auf dem Arbeitsmarkt angespannt und die Rekrutierung neuer Mitarbeitenden ist schwierig.

Käthi Nef erzählt aus ihrem Leben, von ihrem Elternhaus in der „Alpwis“, in dem es zwar Strom gab, aber dafür auch nur einen einzigen Wasserhahn. Wurde die Nachbarwiese „bschöttet“, so war das Wasser die Tage danach entsprechend trübe. Sie habe die KV-Lehre auf der Gemeindeverwaltung Urnäsch gemacht und war ab 2001 bis 2015 im Gemeinderat und bis 1. November 2013 als sie die Heimleitung übernahm, für das Ressort Gemeindealtersheim zuständig. In dieser Zeit musste eine Lösung für das in die Jahre gekommene Altersheim im Chräg gefunden werden. Sie war massgeblich bei der Planung des neuen Wohn- und Pflegezentrums in der Au beteiligt. Nach der Übernahme der Leitung gab sie das Ressort im Gemeinderat ab, sie könne ja nicht ihr eigener Chef sein, meinte Käthi Nef.

Auf die Frage von Philipp Langenegger, was sie in Urnäsch ändern würde, wenn sie einen Tag lang Königin von Urnäsch sei, antwortete Käthi Nef, dass sie die Urnäsch von oben bis unten ausbaggern und renaturieren würde, damit man im Sommer wieder wie früher schön baden kann. Die Zuhörer erfahren, dass damals die Grosseltern von Käthi Nef in der Zürchersmühle ein Strandbad mit Kiosk betrieben haben.

Käthi Nef engagiert sich ausserdem in der Musikgesellschaft Urnäsch, dem ältesten, 1853 gegründeten Verein im Dorf. Es ist ein kleiner Verein der gerne noch begeisterte Musiker als Mitglieder willkommen heisst.

Die Frage, was in Urnäsch noch fehlen würde beantwortet Käthi Neff wie folgt: Urnäsch sei sehr wohl bekannt für Tradition und Brauchtum. Aber Urnäsch sei so viel mehr! Es geschehe so viel Gutes im Dorf und Ali – der zweite Gast dieses Abends – sei nur ein Beispiel dafür. Urnäsch werde gerne als verschroben und egoistisch wahrgenommen, als das Innerhoden von Ausserrhoden – Gelächter im Saal. Wenn jemand sein Bestes gibt, dann wird ihm gerne geholfen und es bekommt die Unterstützung die es braucht. Eine letzte Frage von Philipp Langenegger an Käthi Nef ist, was sie einem Gast in Urnäsch zeigen würde. Käthi Nef würde ihm zuerst das prächtige Brauchtumsmuseum am Dorfplatz zeigen und ihm danach vom „Schüüssebänkli“ aus Urnäsch von oben zeigen.

Fritz Geprägs

Philipp Langenegger hatte am Mittag die Gelegenheit, Fritz Geprägs zu interviewen und berichtete nun davon. Fritz Geprägs war in leitender Funktion bei der Luftwaffe tätig. Er hätte gerne mehr darüber erzählt, aber er dürfe nicht. Auch über sein verrücktestes Abendteuer nicht, sechzehn Kilometer über Brülisau. Auf die Frage, was in Urnäsch früher besser war als heute, antwortete Fritz Geprägs, dass die Leute geruhsamer waren. Heute würden ihm die Jungen in seinen Rollator laufen, weil sie dauernd auf das Handy starren. Er würde dann auch, wenn er einen Tag König von Urnäsch wäre, das Internet abschalten. Aber ansonsten fühle er sich sehr wohl in Urnäsch. Er lässt alle Zuhörerinnen und Zuhörer des Stammtischs grüssen.

Liaghat Ali Jafari

Mit Liaghat Ali Jafari – er stellt sich selber als Ali vor – begrüsste Philipp Langenegger den letzten Gast des Abends. Ali Jafari ist im Jahr 2015 aus Afghanistan über den Iran, die Türkei, Griechenland und Italien in die Schweiz geflohen. Er habe damals kein Wort Deutsch gesprochen. Im Asylzentrum in Rorschach habe er als Koch gearbeitet, bevor die Gemeinde Urnäsch ihm ein Praktikum im Wohn- und Pflegezentrum angeboten habe. Hier konnte er die Ausbildung zum Küchenangestellten EBA absolvieren. Gerne würde er noch das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis erlangen, dazu müsse sein schriftliches Deutsch aber noch besser werden. Am Anfang habe er niemanden gekannt in Urnäsch, bis er sich beim FC Urnäsch gemeldet habe. Leider habe er sich aber beim Fussball spielen verletzt.

Die Zuhörer erfahren mehr über Ali Jafari, sein Geburtsland Afghanistan und seine Flucht. Er ist Schiite aus Jaghori, einem Bezirk zwischen Kabul und Kandahar gelegen. Nach dem Tod seines Vaters schickte seine Mutter ihn als Siebzehnjährigen und ältesten Sohn fort. Er habe keine Zukunft in Afghanistan und müsse sich um die Familie kümmern. Die Machtergreifung der Taliban macht das Leben der Schiiten noch schwieriger. Über seine Flucht zu sprechen fällt Ali Jafari sichtlich schwer. Die Durchquerung des Mittelmeers mit einem Schlauchboot war sehr gefährlich, die Angst dabei zu Kentern und nicht gerettet zu werden war allgegenwärtig. Philipp Langenegger wollte von Ali Jafari wissen, wie er denn auf die Schweiz als Zufluchtsort kam. Ali Jafari lachte und sagte, er habe gar nicht gewusst, dass es eine Schweiz gibt, es war Zufall. Er schätze sehr in der Schweiz, dass jeder respektiert wird. In Afghanistan sei das anders, nur die Alten hätten das Sagen und die Jungen müssten dem folgen. In Urnäsch sei er sehr gut akzeptiert worden, er habe nie eine unangenehme Situation erlebt. Es brauche Zeit bis man die Leute kennengelernt habe. Aber er habe sich angepasst und die Regeln hier befolgt, er könne ja nicht leben wie in Afghanistan. Seit Januar dieses Jahres lebt nun auch seine Frau mit ihm in Urnäsch.

Peter Kürsteiner, Gemeindepräsident von Urnäsch, ergreift das Wort und lobt die Urnäscher. Sie seien wohl konservativ, aber nicht rassistisch. Das Beschäftigungsprogramm in Urnäsch sei sehr positiv wahrgenommen worden. Darüber sprechen wir vielleicht zu wenig, aber nach uns hat nun auch Herisau so ein Modell eingeführt. Asylbewerber welche hier noch nicht arbeiten dürfen, bekommen so eine Tagesstruktur, Arbeit und erhalten ein Sackgeld. Damit werden sie besser integriert und das dürfen wir kommunizieren und stolz darauf sein.

Und auch von Ali Jafari möchte Philipp Langenegger wissen, was er machen würde, diesmal als König der Welt. Krieg und Rassismus würde er wegmachen und in Urnäsch hätte er gerne ein Schwimmbad, antwortet ihm Ali Jafari.

Wo habt ihr als „Goof“ am liebsten gespielt

Das Moderationsteam wollte von den anwesenden Zuhörern wissen, wo sie als Kinder am liebsten gespielt haben. Die Antworten wurden auf Zettelchen geschrieben und nun von Philipp Langenegger und Anna Oertle vorgelesen. Ein bunter Strauss Antworten vom Schulweg in Urnäsch über Papas Steinbruch in Mollis bis zum Ferienhaus im Toggenburg kam zusammen. Ein heiterer Abschluss der eineinhalbstündigen Veranstaltung die mit dem Gespräch mit Ali Jafari auch seine nachdenkliche Seite hatte.

Der nächste Stammtisch

Die Planung für den dritten Stammtisch ist in vollem Gange. Er findet im Rahmen der Neuzuzügerbegrüssung am 31. August um 19:30 in der Mehrzweckhalle Au statt. Wiederum begrüssen das Moderationsteam um Jana Diem und Philipp Langenegger drei spannende Urnäscherinnen und Urnäscher, begleitet von musikalischer Unterhaltung.

 

Die Stammtisch-Gespräche werden organisiert durch NatUrnäsch. Ziel der Stammtisch-Gespräche ist die Förderung des Austausches in einer gemütlichen Runde. Der Urnäscher Bevölkerung soll damit etwas zurückgegeben werden. Hinter NatUrnäsch steckt die vom Gemeinderat eingesetzte Arbeitsgruppe Standortförderung, welche sich auf dieses Synonym von Urnäsch geeinigt hat. NatUrnäsch wird gleichgesetzt mit der Urnäscher Natur, dies in Bezug auf den Menschen wie die Landschaft. Die Identifikation mit NatUrnäsch ist daher natürlich naheliegend und selbsterklärend. Was Urnäsch ist und ausmacht, das sind die Menschen, die hier Miteinander im Einklang mit der Natur zusammenleben und sich für eine gesunde Weiterentwicklung von Urnäsch einsetzen. In Urnäsch leben zahlreiche Persönlichkeiten, welche sich speziell für unser Dorf engagieren, Urnäsch verkörpern und entsprechend mithelfen Urnäsch zu dem zu machen, was es ist.

Mehr Präsenz

NatUrnäsch präsentiert «Urnäsch Schweizer Dorf des Jahres 2022» zudem vermehrt in Form von wunderschönen photographischen Impressionen in den Sozialen Medien. Zudem sollen mit dem in loser Folge stattfindenden heemeligen Stammtisch, moderiert von Philipp Langenegger sowie Jana Diem oder Anna Oertle, vor allem Urnäscherinnen und Urnäscher zu Wort kommen und über ihr Leben und Wirken in Urnäsch berichten.